Walter Tydecks

 

Markanzen - Knotenlinie zwischen Mathematik und Physik (Wilhelm Graf, Michael Zednik)

Einleitung - physischer und mathematischer Raum

Es kommt wieder Bewegung in das Verhältnis von Mathematik und Physik. Seit Platon sieht sich die Physik herausgefordert, gegenüber dem mathematischen, dem "absoluten" Raum eine eigene Vorstellung des Räumlichen zu entwickeln, die ihr volle Entwicklungsfreiheit und Eigenständigkeit gibt. Das versuchte zuerst Aristoteles und später folgten ihm Leibniz und Einstein. Dagegen stehen Philoponos, Newton und Heisenberg, - um nur einige prominente Namen zu nennen -, die genau umgekehrt ausgehend vom absoluten Raum dann der Physik eine geradezu göttliche absolute Kraft verleihen und unbegrenzte Wirksamkeit sichern wollten. Sie entfernten sich damit weit vom ursprünglichen Verständnis der Physik, dem Physischen (der Natur). Ihr Ansatz ist daher nur scheinbar eine Aufwertung der Physik, denn im Grunde entziehen sie ihr ihren Boden. Aber sie konnten zunächst sogar alle Erfolge der mit den neuen von Leibniz und Einstein entwickelten Ansätze (Infinitesimalrechnung, Relativitätstheorie) als zusätzliche Bestätigung für ihre Lehre verbuchen: Haben doch Leibniz und Einstein ihrerseits wie niemand anders dazu beigetragen, die Physik zu "mathematisieren".

Doch je erfolgreicher die Physik mathematisiert wurde, bis schließlich die Gravitationstheorie als Differentialgeometrie verstanden wurde und eine alles vereinheitlichende Symmetrie (mathematisch: Algebra) zum Greifen nahe schien, brachte jeder Fortschritt eine neue physische Erscheinung zum Vorschein, die allen Grundanschauungen der Physik widerspricht: so die "Ruhemasse Null" des Photons, die "Ruhelosigkeit" des Lichts, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit in allen Bezugssystemen, und sogenannte Tunneleffekte, mit denen alles das bezeichnet wird, was gegen die Grundannahmen der Physik verstößt, aber mit einer berechenbaren Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann.

Wilhelm Graf und Michael Zednik versuchen auf jeweils eigene Art, genau umgekehrt die in den letzten 100 Jahren neu entdeckten und bisher völlig unerklärlichen Erscheinungen zu neuen Grundprinzipien der Physik zu machen und von dort aus ein neues Verständnis der Physik zu gewinnen. Graf geht von der Frage der Elastizität des Lichts und des Äthers aus und will eine neue Physik der Erhaltungsgrößen entwerfen statt einer Physik der Bewegung, die Ruhe nur als Grenzfall der Bewegung kennt.

Gemäß der Relativitätstheorie müssen die Photonen untereinander eine starre Gruppe bilden. Versetzt sich ein Beobachter in die Lage eines Photons und bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit, dann kann er nichts wahrnehmen, was sich bewegt: Alles, was sich wegbewegt, müsste sich schneller als das Licht bewegen, da der Beobachter sich bereits mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, und alles, was auf ihn zukommt, müsste in der Richtung auf ihn zu sich von anderen entfernten Photonen wegbewegen, was ebenfalls unmöglich ist.

Dies Paradox wird vielleicht verständlicher, wenn es schrittweise angenähert wird: Je schneller sich ein Beobachter bewegt, desto weniger schnell kann sich etwas von ihm entfernen, da die resultierende Geschwindigkeit nicht die Lichtgeschwindigkeit überschreiten darf. Daraus folgerte Einstein, dass für den Beobachter mit wachsender Eigengeschwindigkeit die Zeit immer langsamer wird (Zeitdilatation), so dass es paradoxerweise auch bei steigender Geschwindigkeit immer einen Abstand zum Licht geben muss, als sei es unendlich viel schneller.

Um das zu verstehen, muss das berühmte Paradoxon von Achilleus und der Schildkröte ein wenig abgewandelt werden: Je mehr sich Achilleus der Schildkröte annähert, desto kleiner wird er, so dass der Abstand zur Schildkröte gemessen an seiner schrumpfenden Körpergröße immer größer wird und er sich noch so sehr anstrengen kann, ohne sie je zu erreichen. Aus seiner Sicht wird die Schildkröte immer größer und ferner, je weiter er in ihre Richtung läuft, bis sie unendlichgroß und unendlichfern ist. Könnte ein dritter Beobachter das alles von außen betrachten, würde er eine Figur sehen, die sich auf dem Weg zur Schildkröte in einen Zwerg und schließlich in nichts verwandelt. (In der Literatur hatte Michael Ende in "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" eine ähnliche Idee, als er den Scheinriesen Tur Tur einführte, der immer größer wird, je weiter er sich entfernt.)

Daher vermutet Wilhelm Graf, dass die Physik in diese Lage gekommen ist, weil sie von falschen Voraussetzungen ausging. Er will umgekehrt mit der Erscheinung beginnen, die in die herkömmliche Physik nicht passt: eine Gruppe von Markanzen, die ausschließlich durch die Eigenschaft ausgezeichnet ist, dass sich die Abstände zwischen den Markanzen nicht ändern. Dabei lässt er bewusst offen, wie groß die Abstände sind, und ob sie alle gleich groß sind. Er entscheidet sich zunächst nur für einen konträren Ausgangspunkt der Physik, und will dann von da aus erst entwickeln, was Raum und Größe sind. Er sagt, die Physik kann nicht begonnen werden, indem sie aus der Mathematik deren Begriffe von Größe und Raum übernimmt, und dann alles einfügen muss, was in der Natur beobachtet wird. Sondern er will umgekehrt von der einzig sicheren Beobachtungsgröße ausgehen, den Abständen, und dann von dort aus entwickeln, wo und wie mathematische Methoden von der Physik übernommen werden können.

Zednik hat diesen Ansatz verallgemeinert. Für ihn sind die Markanzen nicht nur nach dem Vorbild der Photonen geschaffen, sondern er versteht allgemein die Markanzen als die Wirkungsquanten. Überall stößt die moderne Physik in innere Paradoxien, wenn sie die Wirkungsquanten betrachten will (siehe die Quantenchromodynamik, wo eine Resonanzkatastrophe droht, wenn die Gluonen untereinander in Wechselwirkung kommen, statt nur die Quarks zu "binden", siehe auch die erfolglose Suche nach den Wirkungsquanten der Gravitation oder gar der Raumkrümmung). Daher liegt der Gedanke nahe, die Physik nicht mehr aus Punktladungen aufzubauen und dann schrittweise Wirkungsquanten einzuführen, die die Ladungen vergrößern oder verkleinern, sondern umgekehrt von den Wirkungsquanten auszugehen und aus den Relationen zwischen ihnen ein neues Verständnis der Räumlichkeit zu gewinnen. Die festen Abstände zwischen den Markanzen liefern die kleinsten Einheiten des Raums (Pixel), und der Raum wird nicht mehr aus dimensionslosen mathematischen Punkten konstruiert.

Markanzen sind keine Punkte, sondern haben innere Eigenschaften. Ihre Abstande bleiben gleich, aber sie können wie in einem Glasperlenspiel synchron vertauscht werden oder wie in einer Art Resonanz synchron ihre Eigenschaften (Ladungen) wechseln, wobei im Ganzen die Abstände und das Gefüge erhalten bleiben. Mit einer physikalischen Anschauung interpretiert Zednik jede Markanz als einen Dipol, als Stelle mit einem inneren Potentialgefälle. Die Elastizität der Markanzen wird erhalten, indem sich das "Trillern" der Potentialgefälle der einzelnen Markanzen wechselseitig ausgleicht. Jeder Sprung im inneren Potentialgefälle einer Markanz wird ausgeglichen durch gleichzeitig erfolgende Sprünge bei anderen Markanzen. Zednik sucht nach einem Weg, mathematisch die Sprünge in den Potentialgefällen herzuleiten, und dann die Elastizität der Markanzen im Sinne von Graf als Lösung zu finden.

Im Grunde bringt Zednik nur zum Ausdruck, was allen modernen Theorien zugrunde liegt, die die Physik wahrscheinlichkeitstheoretisch beschreiben wollen: Sie verstehen die Objekte der Physik als Ereignisse in einem Wahrscheinlichkeitsraum. Aber was ist ein Ereignis? An einer Stelle geschieht etwas, und die Gesetze der Wahrscheinlichkeitsverteilung legen fest, dass zugleich an anderen Stellen ebenfalls etwas geschieht, so dass die Ereignisverteilung im Ganzen erhalten bleibt. Was ist dann aber gemeint mit "an einer Stelle" und "an einer anderen Stelle"? Wer dies weiterdenkt, wird zum Ergebnis kommen, dass diese Stellen nicht ihre Abstände voneinander ändern können, wenn nicht das ganze Konzept der Wahrscheinlichkeitsverteilung infrage gestellt werden soll.

Auf solche Art zu fragen ist sicher sehr ungewohnt und fällt jedem schwer, der oft genug mit den Gesetzen der Standard-Physik gerechnet hat. Im folgenden soll versucht werden, den Ansatz von Wilhelm Graf und Michael Zednik etwas näher zu bringen.

"Vom Punkt zur Energie" (Wilhelm Graf, 1952)

Wilhelm Graf lebte von 1882 - 1968. Geboren in Niederösterreich, zog er nach Wien, wo er einen kleinen Betrieb zur Herstellung und Konstruktion von Werkzeugmaschinen gründete, der jedoch während der Weltwirtschaftskrise 1928 in große Schwierigkeiten geriet. In dieser Zeit begann er seine physikalischen Schriften, die im wesentlichen in den Jahren 1934 - 52 geschrieben wurden. Autodidaktisch erwarb er sich die Kenntnis von Newton, Planck und Einstein, der Relativitäts- und der Quantentheorie. Mit seinem Freund und Geschäftspartner Viernstein führte er zahlreiche Experimente zur Lichtausbreitung durch. Zeitweise stand er mit Philip Lenard ("Deutsche Physik") in Briefkontakt, auch wenn er politisch sozialdemokratisch orientiert war. (Alle Angaben nach Michael Zednik, der seinen Nachlass verwaltet.)

Wilhelm Graf will die Grundlagen der Physik neu ordnen. Das sich erhaltende Sein soll nicht länger als der ruhende Grenzfall von Bewegung gelten, sondern er will Sein und Bewegung als zwei gleichberechtigte Energieformen verstehen, die sich - "Räumliches überbrückend" - ineinander verwandeln können (Graf, "Vom Punkt zur Energie", Typoskript, Wien 1952, S. 48). Ausgangspunkt seiner Physik ist daher die Energie, aus der die Energieformen Sein und Bewegung entwickelt werden sollen, und nicht mehr der Raum bzw. der Punkt als Ur-Element des Raums. In der Form des Seins hält die Energie bestehende Abstände zwischen den markanten Punkten ganzheitlicher Gestalten aufrecht. In der Form der Bewegung ist Energie in Geschwindigkeit gespeichert, die in den Raum greift, und ebenfalls konstant ist. Nur durch äußere Zufuhr von Arbeit können Abstände verändert bzw. Geschwindigkeiten beschleunigt werden.

Sein und Bewegung, oder physikalischer gesprochen: Zustand und Vorgang werden damit gleichberechtigt. Es wird nicht länger ein leerer Raum definiert, über den dann ein Energiefeld mit mehr oder weniger beliebigen Rechengrößen gelegt werden muss, sondern aus dem Wesen der Energie sollen die Eigenschaften des Raums erklärt werden.

Damit verschieben sich auch die Schwerpunkte zwischen Mathematik und Physik. Es wird nicht mehr von den geometrischen Eigenschaften des Raums und den arithmetischen Regeln des Rechnens ausgegangen, um Physik schreiben zu können, sondern von der Energie als einem zunächst etwas dunklen, unendlich viele Eigenschaften bergenden Begriff, der dann Schritt um Schritt entfaltet werden soll. In dieser Entwicklung kommt auch die Mathematik zum Vorschein. Weiter gedacht ist die Grundlage der Mathematik nicht länger ihre interne Axiomatik, sondern ihre Herkunft aus der physischen Energie.

Graf spricht denn auch weitreichende philosophische Intentionen an:

Substanz

Um die Veränderungen in der Natur beschreiben zu können, sucht Graf nach einem

"objektiv realen Subjekt, das jegliches Ändern als dasselbe Etwas durchsteht, das dadurch nur 'anders' wird als vorher, jedoch nicht 'etwas Anderes', das auch nicht zurücktritt, um anderes an seine Stelle treten zu lassen" (ebd., S. 9). Dies "kann nicht der für das Naturgeschehen bedeutungslose Beurteiler (sein), der alles auf sein Ich bezieht" (ebd.).

Dies kann auch nicht "das Sein" sein. In der Philosophie von Aristoteles - die Graf allerdings nie direkt anspricht - ist dies nicht das Sein, sondern die erste Kategorie, ousia, meistens in der lateinischen Übersetzung als Substanz bezeichnet.

Wenn die Physik keine Substanz mehr kennt, gibt es von Anfang an ein Ungleichgewicht zugunsten einer alles auflösenden und zerreißenden Bewegung, die sich in stets wechselnden, zusammenhanglosen Quantitäten und Qualitäten zeigt. Substanz erscheint dann bestenfalls als das abstrakte Gemeinsame aller Durchgangspunkte einer übergreifenden Bewegung, als die leere Zeitreihe und der aus ihr abgeleiteten physikalischen Grundprinzipien (Kant). Um daher dem Sein wieder gleiches Gewicht wie der Bewegung geben zu können, ist die Suche nach einer Substanz des physischen Geschehens entscheidend. Eine Physik ohne Substanz kann sich nicht von der Mathematik absetzen.

Von diesem Anspruch aus gesehen wirkt es dann ein wenig nüchtern, wenn Graf das "Zwischen", den Mittelraum, den Abstand zwischen unterschiedlichen Punkten als das gesuchte "objektiv reale Subjekt" bezeichnet. Wie ist zu verstehen, wenn nicht mehr die Dinge, sondern der Abstand zwischen ihnen die Substanz sein soll? Die Dinge können sich ändern, aber ihr Abstand nicht. Das klingt ganz fremd für alles vertraute physikalische Denken. Da sind es die Partikel, die Atome, die Moleküle, die ohne sich zu verändern ihren Ort und damit ihren Abstand zueinander verändern. Graf und Zednik wollen das genau umkehren. Sie wollen von Markanzen ausgehen, die ihre Abstände erhalten, auch wenn sie sich dabei ständig jeweils im Innern verändern.

Unter Abstand wird heute nur die räumliche Entfernung von zwei Dingen verstanden. Aber seit Heidegger ist klar, welches Vorverständns beim Abstand mitschwingt. Der Abstand zweier Dinge misst, wie fern bzw. nahe sie einander sind, jetzt bewusst im übertragenen Sinn verstanden. Auch Gegenwärtigkeit und Anwesenheit sind dann Fragen des Abstandes. (Siehe hierzu weiter die Bücher 5 und 6 aus der "Physik" von Aristoteles über das Zwischen, metaxy.)

Zusammengehörigkeit

Nicht das Trennende ist das Wesen des Abstandes, sondern durch Abstände stehen unterschiedliche Teile eines zusammengehörigen Ganzen miteinander in Beziehung. Der Begriff Abstand bringt immer mindestens zwei Punkte miteinander in Beziehung, die voneinander durch einen Abstand eher verbunden als getrennt sind. Der Abstandsbegriff ist ein Relations-Begriff. In diesem Sinn wird verständlich, warum Graf den Abstand für unteilbar hält. Nicht ein Abstand könnte geteilt werden, sondern nur dessen räumliche Strecke. Graf will jedoch umgekehrt aus dem Verständnis des Abstandes erst das Verständnis des Raumes entwickeln und nicht den Abstand als eine Strecke in einem vorgegebenen Raum verstehen.

Dann klingt vielleicht auch weniger paradox, dass das Wesentliche am Abstand die Zusammengehörigkeit und nicht die Trennung ist. Abstände sind die Grenzen, die das von ihnen umschlossene "Zwischen" zusammenhalten. Nur wenn es ein zusammengehöriges Ganzes gibt, kann es Abstände geben, innerhalb derer sich das Ganze befindet.

Die Frage der Zusammengehörigkeit hat jedoch zu einiger Verwirrung zwischen Physik und Philosophie geführt.

"Denkt man idealistisch, so muss man sagen: Es schwebt der Geist über der Materie, 'der sich den Körper baut', und der sich in seiner Einheit auch dann zu erhalten sucht, wenn der Körper verfällt! ... Der Physiker beharrt nicht ohne Grund auf dem Ablehnen eines als transzendent erscheinenden Etwasses, das über der Materie und der Energie thronte und ihr Verhalten diktierte." (S. 32)

Weil sich die Physiker von solchen idealistischen Ideen absetzen wollten, haben sie dann im Gegenzug ganz auf den Begriff des Zusammengehörigen verzichtet. Das Zusammengehörige erschien ihnen als Beispiel für idealistische Deutungen, die von außen auf das physikalische Geschehen aufgepfropft sind und nur philosophische Überzeugungen anhand der Physik "demonstrieren" wollen, statt sich zu bemühen, die Physik zu verstehen. Sie sahen daher in der Natur nur "Kollektive" von zusammenhanglosen, isolierten Punkten oder Elementen. Graf möchte dagegen das Zusammengehörige zu einem physikalischen Begriff erheben, der in die Physik passt, ohne in idealistische Theorien zu verfallen. Dazu sollen seine Begriffe des Abstandes - und wie zu zeigen sein wird - der Elastizität beitragen.

Messungen

Im Grunde muss sich die Physik nur dessen bewusst werden, was sie ohnehin schon immer tut:

"Alle Messung irgendeiner physikalischen Größe läßt sich auf die Messung der 'Gegebenheit' Länge zurückführen, und alles physikalische Geschehen beinhaltet die Änderung einer Länge, eine aktive oder eine passive Änderung eines Abstandes." (S. 48)

In der Realität sind Längen und damit Abstände der Grundlagenbegriff der Physik, auch wenn sie dann in ihrer Axiomatik nach dem Vorbild der euklidischen Geometrie von Punktmassen, Elementarladungen, Raumzeitpunkten ausgehen will.

Der innere Halt

Nicht nur in ihren Messungen kommt die Physik auf die Länge zurück. Bei all ihren Vorstellungen und Begriffen verlässt sie sich darauf, dass ihre Objekte, die in Wahrheit "objektiv reale Subjekte" sind, die Träger der Bewegung, dass die einen inneren Halt geben. Ihr innerer Halt ergibt sich nicht von außen durch die Begriffsbildung, wodurch Bilder zusammengefügt und Vorstellungen festgehalten werden, sondern ist in der Sache selbst enthalten. Mit diesem Halt ist der Physik gesichert, dass die Begriffsbildungen sich nicht in unendliche Spitzfindigkeiten verflüchtigen, sondern einen materiellen Ausgangspunkt finden. Und wenn die anderen Wissenschaften in räumlichen Metaphern schließlich ihrerseits auf die Physik zurückkommen, um ihre Vorstellungen zu ordnen, leben die ebenfalls davon.

"Jeder physikalische 'Zustand' hat seinen Halt in sich selbst, ist nicht bloß die Größe Null eines abgesunkenen Vorgangs, ist nicht kraftlos geworden. Alles augenblicklich Gegebene klammert sich an das Sein (nicht Existenz), sucht fortzudauern. ... Dieses Festhalten am 'Sein' ist der Urgrund aller Trägheitserscheinungen, nicht nur der, die bisher in der Kinetik behandelt wurden!" (Graf, S. 26) "Die Gravitation ist ein Sonderfall der Elastizität, bei dem im Prinzip nur eine gewaltsame Abstandsverlängerung möglich ist, undzwar vom Schwerpunkt der Erde aus, denn jede Annäherung an diesen bedeutet Entladung." (Graf, S. 54)

Die Anziehungskraft hin zur Erde wird nicht verstanden als eine überall im leeren Raum geltende Fernwirkung, sondern als eine Erhaltungskraft, die alles zum System der Erde Zusammengehörige sammelt und festhält und vor beliebiger Fragmentierung in den Weltraum hinein sichert. Es sollte ergänzt werden, dass Graf nicht nur das Gravitationsgesetz als Sonderfall der Elastizität versteht, sondern dass auf diese Weise auch die Lehre von Aristoteles verstanden werden kann, dass alles danach strebt, seinen natürlichen Ort einzunehmen. Der natürliche Ort ist durch die zu bewahrenden Abstände im System der Erde zu verstehen.

Damit soll kein Geozentrismus vertreten werden, sondern es ist nur gesagt, dass unter diesen Bedingungen im Umfeld der Erde diese Abstände des Zusammengehörigen erhalten bleiben. In größeren Dimensionen gelten natürlich andere Abstandsregeln.

Kontinuität, Spannung, Elastizität

Der innere Halt ist keineswegs nur eine philosophische Betrachtung des Zusammengehörigen. Graf findet eine Antwort auf die vielleicht wichtigste Frage, die historisch mit dem "Problem des Raums" verbunden war (so der Titel des 1954 erschienenen Buchs von Max Jammer, in dem alle die Fragen studiert werden können, die auch Einstein beschäftigt haben, der mit Jammer in engem Gedankenaustausch stand).

Wie schon Leibniz lehnte Einstein die Lehre vom absoluten Raum ab. "Die Zeit ist die Ordnung des nicht zugleich Existierenden. (...) Der Raum ist die Ordnung des Koexistierenden." (Leibniz, Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie, Bd. 1, S. 36) Einstein wollte dies mit seiner Lehre der Raumkrümmung konkretisieren. Der Raum wird durch die Verteilung der Massen gekrümmt. Er bekommt nur durch die Raumkrümmung Realität.

Da droht allerdings ein logischer Kurzschluss, wenn Raumkrümmung und Massenverteilung, Geometrie und Kinematik einander wechselweise erklären sollen. Das sah schon Leibniz. Er führte daher das Kontinuitätsprinzip ein, mit dem der leere Gegensatz von Atomen und leerem Raum überwunden werden sollte. Wirkungen gehen kontinuierlich ineinander über, ebenso Intelligenzen und Materie. Der Geist der Zusammengehörigkeit schwebt nicht transzendent über der Materie, sondern wandelt sich in wechselweiser Beziehung in diese.

Doch auch das scheint zunächst eine philosophische Spekulation zu sein, die von außen an die Physik und die Probleme des Raums herangetragen ist. Max Jammer versteht, dass hier die alte Frage des Zusammenhangs und des Kontinuums bei Aristoteles neu gestellt ist:

"Die Kontinuität war für Aristoteles eine rein geometrische Eigenschaft zusammenhängender Materie, für die Stoa jedoch wurde sie ein physikalisches Prinzip, ein Agens, das die Fortpflanzung physikalischer Prozesse im Raum bewirkte. Vermöge dieser inneren Verbindung, die sich in ihrem aktiven Zustand als eine Spannung (tonos) zeigt, haben entfernte Teile des Universums die Fähigkeit, sich gegenseitig zu beeinflussen, wobei sie den Kosmos zu einem einzigen Wirkungsfeld zusammenschließen. ... Der Wirkbereich der weitergehenden Spannungen ist das gesamte materielle Universum (holon) im Unterschied vom 'All' (pan)." (Jammer, S. 23)

Allerdings trifft Max Jammer damit nur die halbe Wahrheit. Aristoteles hat die Kontinuität nicht nur als geometrische Eigenschaft gesehen, sondern mit seiner Lehre des Zwischen (metaxy) auch einen frühen topologischen Ansatz für ein physikalisches Verständnis gesucht. Mit der Vorstellung der Spannung (tonos) hat die Stoa den Begriff gefunden, von wo aus später Philoponos die Physik des Aristoteles umwälzen wollte. Diese Fragen zur aristotelischen Physik können hier allerdings nur angedeutet werden. Siehe hierzu die Beiträge über Tonos und Zwischen.

Graf spricht von der Elastizität als einer eigenen Kraft, die bestehende Abstände erhalten will. Am Beispiel von Seil und Faden wird das anschaulicher.

"Im gespannten Faden wirkt dauernd eine Kraft. ... Der Name 'Tensor', d.i. 'Spanner' entstammt dem Gebiet der Mechanik, in dem Widerstandskräfte auftreten, die der Deformation eines Körpers entgegenwirken" (Graf, S. 13f)

Mathematisch kann die Elastizität als Tensor beschrieben werden. Der Begriff Tensor geht sprachlich auf das griechische tonos zurück. Wenn aber zur Erhaltung aller Abstände eines zusammengehörigen Ganzen eine Elastizität als innere Kraft vorausgesetzt wird, die dem Ganzen seinen Halt gibt, müssen die Begriffe von Kraft, Energie und Raum völlig neu gedeutet werden, um dies verstehen zu können. So wie die Physik heute von Kraft, Energie und Raum spricht, lässt sich die Elastizität nicht als innere Kraft verstehen.

Das kann nur gelingen, wenn ein solcher Kraft-Begriff an den Anfang gesetzt wird und von ihm aus das ganze Geschehen verstanden werden soll. Graf interpretiert daher den Raum nicht mehr wie Einstein aus einer geometrisch zu verstehenden Raumkrümmung, sondern von den elastischen Spannkräften, die die jeweils geltenden Abstände erhalten wollen. An jeder Stelle kann das Sein (der Zustand) in Bewegung (Vorgang) umschlagen, wenn Arbeit hinzugeführt und die vorhandenen Spannkräfte überwunden werden. Die hinzugeführte Energie zeigt sich in der Geschwindigkeit der in Bewegung versetzten Körper. Stoßen die bewegten Körper auf ruhende Körper und setzen diese in Bewegung, ändern also deren Abstände zur Umgebung, dann geht ein Teil ihrer Geschwindigkeit verloren und schlägt um in die Elastizität, wodurch die neu entstandenen Abstände erhalten werden.

Aus der bloßen Aussage, dass sich kinetische und potentielle Energie entsprechend dem Gesetz der Energieerhaltung umwandeln können, entsteht eine Feldtheorie, die jedoch von anderen Grundlagen ausgeht als die heute bekannten.

Aufbau der Lehre, Experimente

Für den Aufbau seiner Lehre geht Graf dann jedoch wiederum recht konventionell vor, so dass bezweifelt werden muss, ob das auf diesem Weg erfolgversprechend ist. Er will schrittweise einen Ein-, Zwei- und Viel-Körper-Raum entwerfen, in denen stufenweise die Abstandsverhältnisse komplizierter werden. Daher stehen algebraische und kombinatorische Ideen im Vordergrund. Es wäre wert zu analysieren, ob diese Ideen weitere Anregung durch die Ansätze Weizsäckers bekommen können, der in den Büchern "Aufbau der Physik" und "Zeit und Wissen" ebenfalls nach einem Weg gesucht hat, vom kybernetischen Informationsbegriff ausgehend alle Zweige der modernen Physik zu entwickeln.

Mir erscheint allerdings der differentialtopologische Weg wichtiger. Dort hat sich gezeigt, dass offenbar mit dem Dreikörper-Problem eine Schwelle überschritten wird, die zur Vorstellung der Resonanz führt. Daher würde ich versuchen, ausgehend von Begriffen wie Abstand und Spannung dann Schwingungen und Rückkoppelungen (Resonanzen) zu verstehen und mit diesen Vorstellungen Ideen wie diejenigen von Graf aufzugreifen. Möglicherweise wird dies Ergebnis jedoch auch dann erreicht, wenn es gelingt, in kombinatorischen Überlegungen Periodizität nachzuweisen und von dort zur Resonanz zu gelangen.

Es kann aber auch versucht werden, diese Fragen nicht theoretisch, sondern experimentell zu klären. Daher hat Graf eine Reihe von Ideen entwickelt, wie sich die Elastizität, die Erhaltungskräfte des Seins nachweisen und messen lassen. Da seine Lehren bisher in der offiziellen Physik keinen Widerhall gefunden haben, ist es jedoch nicht zu größeren Experimenten dieser Art gekommen. Offenbar ist die offizielle Physik noch nicht verzweifelt genug über die ausbleibenden Erfolge an ihren Großforschungseinrichtungen, um sich Außenseitern wie Graf ernsthaft zuzuwenden.

"Schematik - Rechnen mit Markanzen" (Michael Zednik, 2007)

Michael Zednik wurde 1958 in Wien geboren. Er studierte während der Schulzeit Musik (Klavier, Komposition) und begann orientiert an Wittgenstein und Mach über die Grundfragen der Physik nachzudenken. Nach misslungenen experimentellen Arbeiten wandte er sich 1982 ganz der Physik zu. Im gleichen Jahr Entdeckung der Schriften von Wilhelm Graf in der Österreichischen Nationalbibliothek und 1983 Kontakt zu dessen Sohn und Übernahme des Nachlasses. Seither Arbeit an einem "neuartigen Gebiet" der Mathematik, "welches auf eine vollständige Abkehr von der physikalischen 'Geometrisierung' zugunsten einer physikalischen 'Kybernetisierung' mit neuartigen numerischen 'Selektoren' abzielt."

Die Begriffe Markanz und Abstand sind die Schlüsselpunkte zwischen einer mathematischen und physikalischen Darstellung. Graf hat - im Verständnis von Zednik - die Stelle gefunden, wohin die Mathematik auf eine solche Weise entwickelt werden kann, dass dann die Physik als ihre Lösung erscheint. Im Ganzen entspricht dieser Ansatz den Ideen von Leibniz: Mathematik geht kontinuierlich über in Physik. Markanz und Abstand sind hierbei der Übergang, oder im Sinne von Hegel die Knotenlinie. Die von der Physik untersuchten Zustände sind entlang einer Knotenlinie angeordnet, deren materiefreier Grenzzustand durch die Geometrie beschrieben wird. Innerhalb jedes Zustands gilt eine bestimmte Ordnung, die an die jeweilige Materieverteilung gebunden ist und erst im Übergang in die materiefreie Mathematik eine rein kombinatorische Ordnung wird. Die Markanzen beschreiben die übergreifenden Ordnungsverhälnisse. Wenn in einer Geometrie Ordnungen beschrieben werden, die übergreifend entlang einer Knotenlinie gelten, können sie mit Zednik im Unterschied zu rein geometrischen Ordnungen als Markanzen bezeichnet werden.

Mathematisch liegt es nahe, Markanz und Abstand im Sinne der Graphentheorie als Ecken und gerichtete Kanten zu verstehen. Dann können sowohl Ecken wie Kanten ausgetauscht oder die Richtung der Kanten umgedreht werden. Es kann nach allen Teilgraphen gefragt werden, welche Graphen ineinander übergehen, welche Bewegungen möglich sind unter Beibehaltung fixierter Teilgraphen, ob Ecken im Innern aufgelöst werden können in tiefer liegende Sub-Graphen, die nach außen als Black Box erscheinen, ob es in diesem Geschehen kürzeste oder symmetrische Wege gibt, und im Grenzfall ist nach Deadlocks zu fragen, wenn Graphen sich in eine Sackgasse verrennen, aus der kein Ausweg zu finden ist.

Zednik wählt jedoch nicht die Begrifflichkeit der Graphentheorie. Zwar stellt er entsprechend der Graphentheorie unterschiedlichste Markanzenkataloge zusammen und führt dafür zahlreiche Numerierungen, Indexierungen, Matrizen und Diagramme ein. Aber er übernimmt die Grundbegriffe von Graf und gibt ihnen sogar eine noch direktere physikalische Bedeutung. Er spricht nicht von Ecken, sondern Markanzen und versteht sie als Wirkungsquanten. Und die Abstände zwischen den Markanzen versteht er als Strahlen, die von einer Markanz an die anderen gesendet werden. Der Schlüsselbegriff seiner Theorie ist daher das Wirkon (der 1. Selektor), womit er den Begriff des Quants verallgemeinern will. Die Markanzen sind dann die Stelle, wo die zunächst rein mathematischen, d.h. punktförmigen, materie-losen Wirkungsquanten umschlagen in Materie.

Es ist nicht ganz einfach, sich in der ungewohnten Begrifflichkeit zurecht zu finden. Wird in einem Gebilde von Markanzen mit ihren vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten eine Untermenge festgehalten, die unverändert bleiben soll, dann nennt Zednik diese Untermenge "Abkürzer-Ding".

"Ein solches Konstrukt mit 'fixierten' Stellen nennen wir 'Abkürzer-Ding' (AD). ... Semiotisch deutet diese Sachlage darauf hin, dass der ablaufende Anteil einem phrasenhafen, 'Energie-Artigen' und die fixierten Stellen einem konstant-'konkreten' 'Materie-Artigen' entsprechen." (Zednik, "Schematik", Manuskript, Wien 2007, S. 21)

Zerfällt das Gebilde von Markanzen restlos in mehrere Abkürzer-Dinge, bezeichnet Zednik sie als Pseudo-Abkürzer-Dinge und die Markanzen innerhalb eines Abkürzer-Dings als Abkürzungsstellen. Weiter kann jede Markanz interpretiert werden als ein eigenes Gebilde von Markanzen. Da es nach außen unverändert ist, wie eine einzige Markanz erscheint, können die endlichen vielen Markanzen in einem zusammengehörigen Gebilde als Pseudo-Abkürzer-Dinge bezeichnet werden. Die Unterteilung kann stufenweise fortgeführt werden, so dass ganze Hierarchien von Pseudo-Abkürzer-Dingen entstehen.

Wird weiter analysiert, was geschieht, wenn sich zwei Gebilde von Markanzen ineinander schieben und hierbei alle kombinatorischen Möglichkeiten betrachtet werden, wie sich die Markanzen aus den beiden Ursprungsgebilden in dem neu entstehenden Gebilde anordnen, entsteht eine gewaltige Fülle von Fällen. Wie in der Künstlichen Intelligenz droht eine kombinatorische Explosion, und wie dort wird es notwendig, innere Symmetrien zu erkennen. Das ist der Punkt, wo Zednik auf Erkenntnisse aus der Künstlichen Intelligenz setzt und sie in seine Theorie einzusetzen hofft.

Sein Ansatz unterscheidet sich dort von der Künstlichen Intelligenz, wo er physikalische Anschauungen und Interpretationen einführt, die er von Wilhelm Graf übernimmt. Diesen - wie mir scheint wichtigsten - Abschnitt seines Entwurfs bezeichnet er als "Selektorik", "die Herleitung der eigentlichen physikalischen Kategorien" (ebd., S. 84).

Die Markanzen werden als Dipole verstanden, die periodisch zwischen zwei unterschiedlichen Zuständen hin und her springen. Jedem Zustand entspricht in den umfassenden Markanzenkatalogen eine beschreibende Zeile, und Zednik hofft, das periodische Dipol-Verhalten aus den noch zu entdeckenden inneren Symmetrien der Markanzenkataloge herleiten zu können.

Diese entscheidende Aufgabe seines Entwurfs bezeichnet er als:

"Das Elementare Wirkungssystem (ElWS), durch welches die primär notwendigen Grundlagen des physikalischen Denkens, nämlich Dipol-Situation bzw. Potentialgefälle, dargelegt werden. [Zednik spricht später von Triller-Effekten.] Die hierfür zuständige Schema-Funktion nennen wir den 1. Selektor. Das ElWS ist beständig conversiv zirkulierend, sein Ergebnis ist eine reine und schematisch numerierbare Wirkungseinheit, genannt 'Wirkon' (in Anlehnung an e = hν)." (ebd., S. 84)

Durch dies Hin- und Herspringen ("Trillern") wird etwas Neues geschaffen, eine Wirkung erzielt, die Zednik im Rahmen seiner kombinatorischen Betrachtungen als zusätzliches "Exponat" betrachtet.

Das Trillern erfolgt periodisch. Wenn jede Markanz ein Wirkon, ein Spannungsgefälle ist, werden die Punkte der Physik ersetzt durch Spannungen, durch Strings.

Ist dies ein Rückfall in den Vorrang von morphe und energeia bei Aristoteles? Zednik will "zunächst nur die prinzipielle 'Morphologie' des ElWS" beschreiben (ebd., S. 85). Tritt also an Stelle des leeren Raums, den Zednik wie Graf aufgeben will, eine leere Kombinatorik, insofern doch wieder eine leere Mathematik? Das kann nur dann vermieden werden, wenn die Elastizität als Grundlage der Physik gegenüber dieser Kombinatorik gleichberechtigt ist.

So zeigen sich allmählich die Grundprinzipien, die Zednik aus der bekannten Physik ableitet: Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Entropie, Ruhemasse Null des Photons. Diese Ergebnisse bleiben in der bekannten Physik Fremdkörper und stehen dort in Widerspruch zu ihren eigenen Axiomen. Während jedoch die Standard-Physik ihre Grundlagen nicht infrage stellen möchte und darauf hofft, ihre Axiome irgendwann so erweitern oder in ein neues System einbetten zu können, dass dies erklärbar wird (so wie die Physik von Newton als Grenzfall in der Relativitätstheorie von Einstein gültig bleibt), will Zednik sie umgekehrt als Prinzipien an den Anfang des Systems stellen, das auf diese Weise viel konsequenter aufgebaut werden kann. (Das erinnert wiederum an die bereits genannten Arbeiten von Weizsäcker, der aus dem Informationsbegriff und der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Entropie schrittweise die Symmetrien der Physik herleiten wollte.)

Im Moment bewegt sich der Entwurf von Zednik in einem offenen Frage-Bereich. Er hofft nicht nur auf Erkenntnisse aus der Künstlichen Intelligenz, sondern auch auf intuitive Einsichten, welche inneren Beziehungen es zwischen unterschiedlichen Wissensgebieten gibt. Am Schluss des vorliegenden Entwurfs steht ein Kapitel über Laser-Signale. Bei Laser-Signalen schwingt nicht nur jede einzelne Markanz, die als Dipol, als schwingende Saite verstanden wird, sondern ein ganzes Bündel gekoppelter Saiten.

Das Faszinierende an den Laser-Strahlen ist die Möglichkeit, sie zu stabilisieren, also Rückkopplungen innerhalb des Bündels zu erreichen. (Vergleiche hierzu auch die Katastrophen-Theorie, wo sich innerhalb der Bewegung Bewegungs-Muster entwickeln können, die das Ganze stabilisieren, Beispiele für Selbstorganisation).

Zednik will daher Markanzen durch Super-Markanzen ersetzen, in denen nicht nur wie von einem Wirkon Strahlen ausgesandt werden, sondern wie im Brennpunkt eines Lasers gebündelte Strahlen. Die gebündelten Strahlen haben eine zweite Bewegungsachse: Sie verlassen nicht nur den Brennpunkt und bewegen sich auf die anderen Markanzen zu, sondern sie rotieren.

Zednik vermutet, dass die innere Rotation der Strahlenbündel primzahlig erfolgt: dadurch könnten aus der Zahlentheorie ganz neue Gesetzmäßigkeiten übernommen werden, wodurch die drohende kombinatorische Explosion der Markanzenkataloge vermieden werden könnte.

Im Ergebnis liegt eine Fülle von Anregungen vor. Um hier der Gefahr zu entgehen, dass sich die kombinatorische Explosion der Kataloge wiederholt in einem Ausufern der Begriffe, Abkürzungen und Darstellungsweisen dieses Entwurfs, scheint mir am wichtigsten, weiter darüber nachzudenken, welche Bedeutung die Idee der Elastizität in diesem Ansatz hat.

In der Begrifflichkeit von Zednik ist dies die Frage nach dem 2. Selektor:

"Aus jeder Zeile jedes Bündels wird jede mögliche Kombination (Kopplung) von ElWS (Stamm-Ensembles) heruntergeführt in jede Zeile jenes Bündels, in der diese jeweils 'gesuchte' ElWS-Kombination allein ausschließlich vorkommt. Dies sollte sich später als Begründung der Begriffe 'Bindungsenergie' und 'kräftefreies Inertialsystem' erweisen." (ebd., S. 92)

Das scheint mir die entscheidende Frage zu sein, denn mit diesen Bindungsenergien erklärt sich die Elastizität, die das System der Graf-Markanzen zusammenhält. Es ist die Frage, ob es abgeleitet werden kann aus zugrundeliegenden Symmetrien in den Bündeln, die den als Wirkonen verstandenen Markanzen zugrundeliegen, oder ob es aus sich eine Eigendynamik hat. Mathematisch könnte diese Eigendynamik möglicherweise beschrieben werden in den Symmetrien der Jacobi-Matrizen von Differentialgleichungen (siehe Arnold "Geometrical Methods in the Theory of Ordinary Differential Equations").

Lepton

"Die Grafsche Markanz darf nicht als Teilchen (Lepton) aufgefasst werden. Denn auch ein Teilchen lässt sich m.E. als winziges "Abstandssytem" deuten. Selbst wenn dem Lepton nur eine einzige Markanz zugeordnet wird, ist es nicht diese Markanz, sondern es ist als "Substanz" die Verschiebearbeit, die es braucht, um die Markanz in dem Verband mit allen anderen M.-Komplexen der Umgebeung zu aktualisieren. Dieses Aktualisieren hat logisch die Kategorie eines periodischen Änderns (Wirkon). Jede reelle Existenz gibt es demgemäss nur indirekt. Eine reelle Aufzeichnung aller indirekten Dinge, die ja eben periodisch wirkonisch sind, sollte man in den Beziehungen zwischen dem 3.Selektor und den Intermediären vermuten."

Gäbe es eine "absolute" Substanz, die sich nie und auf keine Weise ändert, wäre sie nicht wahrnehmbar. Nur wenn sich etwas ändert, kann es wahrgenommen werden. Substanz kann also nur beschrieben werden als Widerstand gegen Veränderungen, im äußerlichsten Sinn als Erhaltung der inneren Abstände ihrer Oberfläche. Dies kann auch umgekehrt so verstanden werden: Substanz ist identisch mit den "Veränderern", die auf diese Substanz wirken, und ihren Widerstand gegen diese Veränderer. In der modernen Physik sind die Feldquanten die "Veränderer", die Austauschteilchen (Eich-Bosonen), wie das Photon, die Z- und W-Bosonen (Radioaktivität), die Gluonen, in Ihrer Terminologie die Wirkonen (Markanzen).

Wird auf diese Weise die Substanz bestimmt, wird aber zunächst die Ebene der einzelnen Teilchen verlassen, und es werden Allgemeinbegriffe definiert, die den Grundbegriffen der Physik im Sinne von Aristoteles entsprechen, etwa die Begriffe des Leeren und Vollen. Denn wenn eine Substanz durch die Wirkone definiert wird, denen sie Widerstand leistet, welche Wirkone sind das? Es gibt offensichtlich nicht einige wenige Wirkone, die räumlich eng um eine Substanz sitzen und dadurch - im Sinne von Aristoteles - ihren Ort (topos) definieren, sondern es ist im Prinzip die Gesamtheit aller Wirkone. Alle Photonen können auf ein Lepton einwirken.

Wenn das so ist, ist aber auch die Substanz nicht ein einzelnes Teilchen, z.B. ein einzelnes Elektron, sondern die Gesamtheit aller Teilchen, auf die die Gesamtheit aller Photonen Einfluss nehmen können. "Teilchen" ist alles, was durch Wirkonen geändert werden kann. Das Markanz-System ist dann die "Grenze" zwischen dem Leeren und Vollen. Jede Veränderung verschiebt irgendwo diese Grenze.

Teilchen im bekannten Sinn sind "Knoten" in diesem Ganzen.

Mathematisch könnte dieses Gebilde wohl am besten mit fraktaler Geometrie beschrieben werden. Wirkonen wirken dann, indem teils in Teilbereichen, teils im Ganzen der fraktalen Geometrie periodische Änderungen auftreten.

Werden diese Änderungen betrachtet, stellt sich die Frage nach ihrer Stabilität. Das ist wiederum der Begriff der Substanz.

Wahrscheinlichkeitstheorie: Ein möglicher anderer Ansatz wäre, vom Ereignisraum der Wahrscheinlichkeitstheorie auszugehen und vom Ereignis-Begriff. Jedes Ereignis könnte als die Strahlung eines Wirkons interpretiert werden.

2007, Einleitung überarbeitet 2010

Literaturhinweise

 

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