Walter Tydecks




Beiträge und offene Themen (Stand April 2011)

Start der Homepage (2002)

Ursprünglich sollte die Homepage sowohl Beiträge zur Philosophie der Mathematik einschließlich angrenzender Gebiete wie Mythologie, Wirtschaftsgeschichte, Religionsphilosophie, Naturmagie und Naturdialektik enthalten als auch Reiseberichte nach Litauen und Pommern. Da sich das zweite Thema nicht wie geplant realisieren ließ, sind davon vorerst nur die Thesen zur Geschichte des Memelgebiets übrig geblieben. Vielleicht ergibt sich später eine Gelegenheit, es neu aufzugreifen.

Mathematik und Dialektik in Platons Sophistes (2003)

In dieser exemplarischen Auseinandersetzung mit den Sophisten begründet Platon sein Verständnis der dialektischen Methode. Mit der Dialektik werden die in Paradoxien zur Bewegungslosigkeit erstarrten Gegensätze von jeweils 2 einander gegenüberstehenden Begriffen wie Sein und Nicht-Sein, oder Sein und Schein dadurch aufgelöst, dass diese Begriffe eingebettet werden in eine größere Gruppe von 5 Begriffen, die nicht auseinander herleitbar sind, aber in einer inneren Bewegung stehen, die von einem Begriff zum nächsten führt und nach dem Vorbild des Zählens zu verstehen ist. Damit begründet Platon ein Gleichgewicht der dialektischen und mathematischen Methode und will erreichen, dass die Mathematik nicht von seinen Gegnern, den Sophisten, vereinnahmt werden kann. Historisch ist es jedoch anders gekommen. Mathematisches und dialektisches Denken werden einander gegenübergestellt und viele Philosophen behaupten einen Vorrang des dialektischen Denkens. Das gilt nicht nur für Hegel und ihm folgend den meisten Hegelianern und Marxisten, sondern auch für Heidegger. Heidegger hat sich jedoch als einziger intensiv mit dem Sophistes auseinandergesetzt und ihm im Wintersemester 1924-25 in Marburg eine Vorlesung gewidmet. Es soll gezeigt werden, wo er in seiner Interpretation von Platon abweicht.

Vorläufiges Vorwort für Mathematik des Bösen (2003)

Vorläufiges Vorwort und Arbeitstitel für den abschließenden Teil der "Mathematik-Visionen aus der Zeit des Faschismus".

Eine Mathematik des Bösen muss über eine Verwandlungsmacht verfügen, die entweder aus dem Bösen kommt oder vom Bösen eingesetzt werden kann. Wo zeigt sich in der Mathematik eine Verwandlungsmacht: Mithilfe der Mathematik werden Erfahrungen aus der Natur und dem Leben so "verwandelt", dass sie der Wissenschaft zugänglich sind. Diese Kraft der Verwandlung scheint mir der Ansatz zu sein, wo die Mathematik an einem Schnittpunkt zu religiösen Fragen steht. Woher kommt diese Kraft, wie lässt sie sich in der Mathematik nachweisen, und wie wirkt sie bei der Systembildung bzw. negativ als destruktive Kraft, derer sich das Böse bedienen kann?

Beispiele für die Verwandlungsmacht der Mathematik zeigt Thomas Mann im "Doktor Faustus" (Beitrag).

Eine Mathematik des Bösen scheint mir auf einem verhängnisvollen Bündnis von Mathematik und Rhetorik zu gründen. Entweder bedient sich eine berechnende Rhetorik geschickt der Mathematik, oder es wird umgekehrt rhetorisch mit der Angst vor einer berechnenden Mathematik argumentiert, um neuen Mythen des Bösen das Wort zu reden (so in großen Teilen Heidegger). Die Aristoteles-Kommentare sollen helfen, diesen Ansatz klarer auszuführen.

Neue Version von Mathematik auf den Spuren des sich zurückziehenden Gottes (2003)

Angeregt von Lévinas wurden die Teile über Oskar Becker und die Phänomenologie neu geschrieben.

Thesen, Hinweise und Fragen zur Geschichte des Memelgebiets / Memellandes (2003)

Anlass waren die Lektüre des Yahoo-Diskussionsforums über das Memelland und der erste Besuch bei einem Treffen der Memelländer in Mannheim. Gespräche mit meinem Vater, der im Memelgebiet aufgewachsen ist.

In Vorbereitung ist eine Zusammenstellung von Erinnerungen an die Lebens- und Arbeitswelt im Memelgebiet aus der Zeit bis 1941.

Der noch unbereitete Körper einer neuen Mathematik (2004)

An der Wende der neuzeitlichen Naturforschung steht Kepler. Seine Entwürfe stehen noch vor einem neuen System der Naturforschung und zeigen die Unfertigkeit der beginnenden Entwicklung. Ist gerade dies eine bisher nicht gesehene Eigenschaft der Mathematik, dass sich mit ihr das Unfertige formulieren lässt? Der Hohe Rabbi Löw war Zeitgenosse Keplers in Prag. Welche Wechselbeziehungen gibt es zwischen Keplers Lehre und dem Mythos, Rabbi Löw habe als erster einen Golem, einen unfertigen Menschen, erschaffen? Das führt zur Idee einer Mathematik jenseits der Sprache (Lacan, Kristeva).

Neue Version von Kein Schutz vor der Entmächtigung des Wortes (2004)

Wenn Platon im Sophistes das Zählen als die innere Bewegung der dialektisch auseinander gelegten Grundbegriffe sieht, geht Hölderlin noch weiter zurück. Er interpretiert in einer sehr freien Übersetzung eines Chores der Antigone den Danae-Mythos, dass Zeus in der Gestalt des Goldregens mit Danae die Zeit zeugt. Die Zeit kann jedoch erst zur Welt kommen, nachdem Danae sie sorgsam geschützt in ihrem Mutterleib ausgebildet hat. "Sie zählete dem Vater der Zeit / die Stundenschläge, die goldnen." Die noch ungeborene Zeit wächst heran, indem sie durch das Zählen der Danae die Eigenschaft der Zählbarkeit erhält. Das zeigt die tiefe Macht der Zahlen. Worte haben wie die Zeit nur Bestand, wenn sie auf solche Weise aus dem Zählen hervorgehen. Die Tragödie Antigone lehrt aber, dass dies misslungen ist. Antigone scheitert, da sie gegenüber König Kreon nicht die treffenden Worte zu finden vermag.

Ebenso scheiterte die Gründung der Naturphilosophie, wie Hölderlin exemplarisch in den vielen Versionen seines "Tod des Empedokles" zeigt. Die Gründung der Naturphilosophie musste als ein politischer, ein Gemeinschaft konstituierender Akt angelegt sein. Das verstand Empedokles. Doch auch er fand für seine Lehre der vier Elemente nicht die richtigen Worte, die von allen hätten verstanden und als Leitideen aufgenommen werden können. Die Worte haben ihren inneren Halt verloren und können missbraucht werden. So konnte geschehen, dass die nationalsozialistischen Philosophen zwar sehr deutlich die Entmächtigung der Worte wahrnahmen (und Worte durch Symbole und Parolen ersetzen wollten), den Niedergang des mathematischen Denkens sahen und zugleich Hölderlin zum Zeugen für ihre Aufrufe für Krieg und Untergang einsetzten.

Markus Semm: Sonne denken (2006)

Aus einer Zuschrift kam es zur Anfrage, einen Beitrag zum Entwurf einer Historischen Heliologie zu veröffentlichen, der sehr gut in das Umfeld der Homepage passt. Siehe von Markus Semm auch das Buch "Der springende Punkt in Hegels System", beim Boer-Verlag als kostenpflichtiger Download erhältlich.

Musik und Politik (2005 - 2009)

In diesen zuerst im Tamino Klassikforum veröffentlichten Beiträgen geht es nicht um Tagespolitik oder Propagandamusik. Im bürgerlichen Zeitalter tritt die Musik an die Stelle der Religion und bekommt eine maßgebliche Rolle, der bürgerlichen Gesellschaft ihre Identität zu geben. Das geht zurück bis zu Platon und Aristoteles, als die griechische polis entstand. Wendepunkte beim Entstehen der bürgerlichen Gesellschaft waren Prag um 1600, Bach, Beethoven, 1848, Wagner, die bürgerliche Kultur in Paris und Wien. Wie ist der Niedergang dieser Kultur nach 1945 zu erklären? Ist nun eine Wiederkehr der Religion zu erwarten? Die nachträgliche Vollendung der 9. Sinfonie von Bruckner ("dem lieben Gott gewidmet") war eins der am heißesten umstrittenen Themen. - In einem Klassikforum werden überwiegend Tips zu guten Aufnahmen und Konzerten gegeben. Daneben entzünden sich regelmäßig Kontroversen über die Rolle der Musik und Musiker im Nationalsozialismus. Klassikhörer fühlen sich heute von der Massenkultur beiseite gedrängt und oft unverstanden. Beschränkt sich Klassik heute auf Traditionspflege, und in welcher Weise können neue Impulse aus diesem Bereich entstehen? Ist das überhaupt noch gewollt?

Einige Themen sind vorerst offen geblieben:

  •   Logik des Zerfalls (Adorno)
  •   Musik im technischen Horizont (2. Teil zu Thomas Mann "Doktor Faustus")
  •   Metapher und Melancholie der Musik
  •   Die Stunde der deutschen Musik, zu Richard Benz und Heinrich Schenker

Englische Übersetzung von Thesen, Hinweise und Fragen zur Geschichte des Memelgebiets / Memellandes (2007)

Translated from German by Marion Robinson, with some added context and references for English-speaking readers, Vancouver, BC, 2007

Markanzen - Knotenlinie zwischen Mathematik und Physik (2007)

Der Wiener Physiker Michael Zednik hat verschiedene Texte von Wilhelm Graf gesandt. Graf hat die von Einstein aufgeworfenen Fragen völlig neu gestellt und eigene Antworten gesucht. Zednik möchte seinen Weg fortführen. Sein Ziel ist "eine vollständige Abkehr von der physikalischen 'Geometrisierung' zugunsten einer physikalischen 'Kybernetisierung' mit neuartigen numerischen 'Selektoren'".

Dieser Beitrag beschränkt sich darauf, diesen Ansatz zu verstehen. Die Aristoteles-Kommentare sollen helfen, die Grundlagen besser zu klären. Vielleicht gelingt es einmal, auch mathematische Beiträge zu liefern.

Zweifel an der digitalen Darstellbarkeit der Welt - DeLillo "Cosmopolis" (2010)

Bei DeLillo kreuzen sich verschiedene Themen: Postmoderne Kulturkritik, ökonomisches Verhalten in der Finanzmetropole New York, Faszination und Enttäuschung über die Mathematik nach dem Siegeszug der Informatik.

Überarbeitung Mathematik und Ökonomie (2011)

Verbesserte Darstellung der Figuren und des Ananaszyklus und Querbeziehungen zum Beitrag über die Krise 2009 und die Dynamik der Maße der Natur.

Krise 2009, Ursachen und weitere Entwicklung (seit 2009)

Die Krise 2009 gab Anlaß, die weitere ökonomische Entwicklung seit dem Ende des Keynesianismus zu untersuchen. Inzwischen sind im Internet wesentlich mehr Daten verfügbar. Dieser Text ist daher auch eine Material- und Link-Sammlung.

Die Frage nach einer Dynamik der Maße der Natur (seit 2010)

Helmut Hansen interpretiert die Relativitätstheorie von Einstein neu. Ausgangspunkt ist die Darstellung durch Lewis C. Epstein: "Relativity Visualized". Hansen führt dieses Konzept wesentlich weiter und entwirft eine "Physik des Mandala". In der Mandala kommen die Figuren des Quadrats und des Kreises zusammen und werden als zwei verschiedene Gesichter der Lichtgeschwindigkeit verstanden, die Einstein irrtümlich gleichgesetzt hatte, die Wellennatur des Lichts (weswegen die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Geschwindigkeit der Lichtquelle ist) und ein Naturprinzip, das nur symbolisch dargestellt werden kann und allen Rechnungen vorausgeht. Die "Physik des Mandala" will die Sackgasse verlassen, in die die Physik seit Einstein geraten ist, ohne dessen wertvolle Einsichten aufzugeben. Das könnte sowohl einen Weg öffnen, quantenmechanische Tunneleffekte zu verstehen, wie es auch religiösen Überzeugungen wie Allgegenwart und Synchronizität von Ereignissen entgegenkommt.

In diesem Beitrag dient sein Ansatz als Anregung, die philosophische Diskussion der Maße der Natur neu aufzunehmen und auf die aktuellen Forschungsergebnisse zu beziehen.

Aristoteles-Kommentare (seit 2002)

Mit den Aristoteles-Kommentaren sollen verschiedene Grundlagenbegriffe der Mathematik und mathematischen Physik diskutiert werden: Ausgangspunkt war die Frage nach Raum und Zeit, zum Beispiel das Buch von Max Jammer. Schnell zeigte sich, dass Aristoteles Raum und Zeit aus grundlegenderen Begriffen erklären will: Das Zusammenhängende, die Größe, die Bewegung und schließlich die Natur, der Stoff, die Form, das Fehlen, Möglichkeit und Wirklichkeit.

Aristoteles hatte seine Schriften in bewußter Auseinandersetzung mit Platon und den früheren Naturphilosophen geschrieben. Immer deutlicher trat die Frage nach Mathematik und Rhetorik in den Vordergrund. Das sind im Einzelnen Themen wie die Kunst des Hörens, die Unterscheidung von mathematischen und mythischen Symbolen, die Symbolisierung bei Nietzsche, die Kategorien und das Neinsagen. Das soll jedoch keine philosophie-historische und erst recht keine philologische Arbeit werden, sondern im Gegenteil fortlaufend mit neuen Ansätzen zur Grundlegung der modernen Physik konfrontiert werden und diese besser verstehen helfen.


 

© tydecks.info 2002